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Bildmotiv der Volksbefragung

Brasilien: Millionen Menschen fordern politische Reformen

Das WM-Fest ist vorbei, die Scheinwerfer sind ausgeschaltet und das Land steht wieder vor den gleichen Problemen wie vor der WM. Jetzt, im brasilianischen Wahlkampf, meldet sich die Bevölkerung mit einem gewaltigen Votum zurück. In einer breit angelegten Volksbefragung sprachen sich fast 7,5 Millionen Menschen für grundlegende politische Reformen aus. Mit dabei auch unsere Partnerorganisation Sabia.

Durch die grossen Demonstrationen im Juni 2013 in ganz Brasilien wurde die Politikverdrossenheit der Bevölkerung auch international sichtbar. Der Grund für die Unzufriedenheit liegt in der ungleichen Verteilung der grossen Reichtümer Brasiliens und der wenig repräsentativen politischen Vertretung der Bevölkerung. Der Forderung nach politischen Reformen wurde im September dieses Jahres deutlich Nachdruck verliehen: Gemäss den Initianten der nichtbindenden Volksbefragung (“plebiscito constituinte”) gaben 7,7 Millionen Menschen ihre Stimme ab. Davon sprachen sich 97 Prozent für grundlegende politische Reformen aus. Das Begehren soll Mitte Oktober 2014 in Brasilia der Nationalen Vollversammlung überreicht werden.
Fast 500 brasilianische Organisationen beteiligt
Das breite Bündnis von gegen 500 zivilgesellschaftlichen Organisationen (insgesammt 2000 Komitees) konnte für die Befragung tausende von Aktivisten mobilisieren, welche landesweit 40’000 Urnen aufstellten. Auch unsere Partnerorganisationen (z.B. Sabia) beteiligten sich organisatorisch an dieser Volksbefragung: Sie informierten bzw. sensibilisierten die Bevölkerung und sammelten Stimmen in eigens aufgestellten Urnen. Das Bündnis forderte in der Befragung eine Reform des politischen Systems, um die Repräsentation der brasilianischen Bevölkerung zu verbessern. Die konkrete Forderung lautet, dass eine nur für diesen Zweck gewählte unabhängige Gruppierung Verfassungsreformen zu diesem Thema ausarbeiten soll.
Timing nicht zufällig
Obwohl die massiven Demonstrationen schon über ein Jahr her sind, ist der Zeitpunkt dieser Volksbefragung bewusst gewählt. Es herrscht gerade Wahlkampf. Dieser Wahlkampf wird voraussichtlich mit 24 Milliarden Euro der teuerste in der brasilianischen Geschichte werden. Zum Vergleich: Mit 24 Milliarden Euro könnte das Sozialprogramm “bolsa familia” für sechs Jahre an seine momentan 50 Millionen Empfängerinnen und Empfänger ausgezahlt werden.
Land der Ungleichheiten
Brasilien gehört zu den Ländern mit den weltweit grössten Unterschieden in der Verteilung der Reichtümer. So spiegelt auch die Zusammensetzung des Nationalkongresses diese Exklusion der grossen Masse der brasilianischen Bevölkerung wieder: Über 70 Prozent der Sitze werden von Grossgrundbesitzern, Grossbauern und Unternehmern besetzt. Neun Prozent sind Frauen und 8,5 Prozent sind Schwarze Abgeordnete, obwohl sich 51 Prozent der Bevölkerung als schwarz bezeichnen. Nicht zuletzt sind die Jungen zwischen 18 und 35 Jahren ungenügend vertreten: Sie machen zwar 40 Prozent der Wählenden aus, aber lediglich drei Prozent der Sitze im Kongress sind von dieser Altersgruppe besetzt. (Quelle: Website des Kommitees)

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