Nur wer redet, kann Hilfe bekommen

Junge Frau aus Simbabwe mit ihrem Kind - Projekt terre des hommes schweiz

In Simbabwe sind ungewollte Schwangerschaften bei jungen Frauen keine Seltenheit. Viele wissen nicht, dass sie Rechte haben und dass es Hilfe gibt. Als Mitchel Rwambiwa schwanger wurde, hatte sie niemanden, mit dem sie sprechen konnte. Erst im Projekt unserer Partnerorganisation Childline erlebte sie, wie viel sich verändern kann, wenn jemand zuhört.

Bis heute herrscht Funkstille zwischen Mitchel Rwambiwa (22) und ihrem Vater. Doch immerhin ist ihre Mutter nicht mehr wütend und akzeptiert den Lebensweg ihrer Tochter. Fünf Jahre ist es her, dass sich Mitchels Leben schlagartig veränderte. Nach dem Schulabschluss wollte sie eigentlich Geld verdienen, vielleicht ein kleines Geschäft eröffnen oder pharmazeutische Assistentin werden. Mitchel hatte viele Pläne für ihre Zukunft. Und dann wurde sie schwanger. Über Monate verheimlichte Mitchel die Schwangerschaft. Doch irgendwann liess sich ihr wachsender Bauch nicht mehr verstecken. Sie suchte das Gespräch mit ihren Eltern – es verlief nicht gut. «Meine Eltern verurteilten mich dafür, dass ich so jung schwanger geworden war. Das brach mir das Herz», erzählt sie. Mitchel fühlte sich allein und ohne Perspektive. Sie sah keinen anderen Ausweg, als ihren Freund – den Vater des Kindes – zu heiraten.

Viele junge Mütter, wenig Wissen

Was Mitchel damals nicht wusste: Dass sie Rechte hat in Bezug auf ihre Sexualität und ihre Gesundheit. Dass sie nicht allein verantwortlich ist für ihre Situation. Dass ihre Geschichte kein Einzelfall ist. Und dass es Hilfe gibt – für junge Frauen wie sie. In Simbabwe sind ungewollte Schwangerschaften im Jugendalter weit verbreitet. Fehlende Sexualaufklärung an den Schulen, gesellschaftliche Tabus und patriarchale Strukturen erschweren jungen Menschen den Zugang zu wichtigen Informationen. Viele Mädchen und Frauen erleben zudem Gewalt und wissen nicht, dass dabei ihre Rechte verletzt werden. 

Ein Gespräch verändert alles

Mitchels Start ins Eheleben war schwierig. Sie fand keine Arbeit und der Lohn ihres Mannes reichte kaum, um die Familie zu ernähren. Auch die Schwiegereltern akzeptierten Mitchel nicht – als sei alles ihre Schuld. «Es fehlte an allem und ich wurde immer trauriger», erinnert sie sich. Eines Tages sprach eine junge Frau aus der Nachbarschaft Mitchel an. Sie war auf ihre Situation aufmerksam geworden und wusste, wer ihr helfen könnte. Die Nachbarin lud sie ein, an einem Treffen der Organisation Childline teilzunehmen, einer Partnerorganisation von terre des hommes schweiz. An einem Treffen von Childline, einer Partnerorganisation von tdh hörte Mitchel zum ersten Mal von Familienplanung. Vor allem aber traf sie Menschen, die ihr zuhörten, ohne sie zu verurteilen. «Die Unterstützung, die ich im Projekt erhielt, hat mich gerettet.»

Mitchel bekam Einzelberatung und schloss sich einer Selbsthilfegruppe für junge Mütter an. Das Wissen, nicht allein zu sein, war für sie ein Wendepunkt. «Ich traf andere junge Mütter in ähnlichen Situationen. Sie sprachen über ihre Herausforderungen und das machte mir Mut. Ich erkannte, dass mein Leben nicht vorbei ist.» Im Zentrum von Childline in der Stadt Bulawayo erhalten jedes Jahr rund 700 Betroffene auf diese Weise persönliche Unterstützung.

Rund um die Uhr ein offenes Ohr

Zuhören, wenn sonst niemand zuhört – das ist auch die Aufgabe der ehrenamtlichen Berater*innen der Telefon-Helpline, welche die Organisation betreibt. Täglich gehen bis zu 2000 Anrufe allein aus der Stadt Bulawayo ein. Die Helpline ist rund um die Uhr erreichbar. Kinder und Jugendliche in Krisensituationen erhalten hier Aufmerksamkeit, Trost und Orientierung, egal ob es um Suizidgedanken, psychische Probleme oder Drogenmissbrauch geht.

Heute ist Mitchel 22 Jahre alt und Mutter von zwei Kindern. Ihre Ehe hat sich von den anfänglichen Schwierigkeiten erholt. Sie möchte ihren Kindern ein sicheres Zuhause bieten – und ihnen eines Tages das weitergeben, was sie selbst zu spät erfahren hat: Wissen über Verhütung, Familienplanung und ihre Rechte. «Es ist mir wichtig, dass meine Kinder informierte Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen können», sagt sie. Über diese Themen zu sprechen – das hat Mitchel selbst erfahren – ist der Schlüssel, um die Selbstbestimmung junger Frauen in Simbabwe zu stärken. Und sie hat einen Rat für andere junge Frauen: «Ich habe mich damals nicht bewusst in diese Lage gebracht. Wenn es dir auch so geht: Du darfst über deine Situation sprechen. Du darfst Hilfe holen. Das Leben endet nicht hier – du kannst diese Krise überwinden.»

Stärken Sie junge Menschen, selbstbestimmt zu entscheiden. Herzlichen Dank!

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