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Links in der unteren Ecke ist Sabin Müller zu sehen. Das ganze Bild zeigt eine der Hütten

«Die Jugendlichen waren stolz ihr Heimatland zu präsentieren»

Ende Jahr ist die Zeit, wann üblicherweise zurückgeblickt wird. Das war eine gute Gelegenheit Sabin Müller, Verantwortliche für Inlandprojekte, ein paar Fragen zum letztjährigen Pilotprojekt mit den unbegleiteten Asylsuchenden des Zentrums Lilienberg zu stellen. Sie erklärt im Interview, wieso die Projektziele mehr als erreicht wurden.

Letztes Jahr startete terre des hommes schweiz ein neues Inland-Pilotprojekt. Darin arbeiten Jugendliche aus dem MNA-Zentrum Lilienberg (MNA – Mineurs non accompagnés) in Affoltern am Albis und terre des hommes schweiz zusammen.
Die Beteiligten einigten sich auf einen Tag der offenen Tür (auch Herbstfest genannt). Damit sollte dem Lilienberg die Möglichkeit gegeben werden, sich und seine Bewohnerinnen und Bewohner zu präsentieren. Im Laufe der Vorbereitungen auf diesen Tag zeigte sich, dass man zusätzliche Hilfe benötigte. Aus diesem Grund wurden die Jugendlichen von imagine angefragt einen Workshop zum Thema Heimat durchzuführen. Was sie auch taten.
Seit letzten Sommer berichtete terre des hommes schweiz mehrmals über die Fortschritte des Pilotprojektes. Die ganze Berichterstattung zu diesem Thema finden Sie am Ende dieses Interviews.
Wie ist terre des hommes schweiz auf die Idee gekommen mit dem MNA-Zentrum Lilienberg ein Projekt zu machen?
[Sabin Müller:] Noch bevor ich im Herbst 2012 bei terre des hommes schweiz meine Stelle angetreten hatte, wurde die Entscheidung getroffen, neben imagine ein zweites Schweizer Projekt aufzubauen. terre des hommes schweiz arbeitet primär mit Jugendlichen zusammen. Da wir im Moment Sensibilisierungsarbeit im Bereich Migration leisten, passten die MNA des Zentrums Lilienberg thematisch sehr gut dazu.
Was ist das Ziel des Projektes gewesen?
Das Hauptziel war es die lokale Bevölkerung zu sensibilisieren. Ihr zu zeigen, wer die Jugendlichen sind, die im Lilienberg leben und wie ihre konkrete Lebenssituation aussieht. Dadurch sollen die Jugendlichen besser in lokale Strukturen eingebunden werden. Wie die Evaluation ergeben hat, ist das Ziel mehr als erreicht worden.
Mehr als Sensibilisierung?
An der Abschluss-Veranstaltung waren zwar nicht so viele Leute, aber die Anwesenden waren umso motivierter etwas für die Jugendlichen zu tun. Es gab zum Beispiel die Idee die lokalen Unternehmer anzusprechen, damit die Jugendlichen trotz ihres unsicheren Aufenthaltsstatus eine Lehre machen können. Hier liegt jetzt der Ball beim Lilienberg.
Wie war das Herbstfest?
Alle Beteiligten haben das Fest als einen Erfolg eingestuft. Ich habe es als Höhepunkt erlebt und am besten hat mir gefallen wie gut die Jugendlichen ihre Rolle als Gastgeberinnen und Gastgeber wahrgenommen haben. Sie waren sehr kommunikativ und stolz darauf ihr Heimatland zu präsentieren.
Und die Besucher?
Sie haben viel Interesse gezeigt und sich Zeit genommen. Es wurden ungefähr 20 Führungen gemacht und 70 Portionen vom selbstgekochten Mittagessen verkauft. Die Stimmung war sehr gut und nicht zuletzt hat auch das Wetter mitgespielt. Es war ein wunderschöner Herbsttag.
Jugendliche sind bezüglich Öffentlichkeit besonders verletzliche Personen. Wie seid ihr mit dem Wiederspruch zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Privatsphäre umgegangen?
Wir haben das schon früh während des Projektes intensiv besprochen. Wir achteten darauf, dass bei der Präsentation der Heimatländer und der Umstände der Jugendlichen keine Einzelschicksale in den Vordergrund gestellt werden. Am Herbstfest war für jedes Landeshäuschen eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Lilienberg zugeteilt. Ausserdem: Da das Herbstfest im Zentrum Lilienberg stattfand, spielte sich der Kontakt mit der Bevölkerung in einem einigermassen geschützten Rahmen ab.
Im Vorlauf zum Fest waren die Jugendlichen eine Woche in den umliegenden Gemeinden unterwegs und haben sich und das Lilienberg auf öffentlichen Plätzen vorgestellt. Wie waren die Reaktionen der Bevölkerung?
Für die Jugendlichen war es eher enttäuschend, weil sie wenige Leute angetroffen haben. Es war Schulferienzeit. Sie hätten gerne mehr Leute angesprochen. Die Jugendlichen, die dabei waren, sprühten förmlich vor Charme. Die Reaktionen der Menschen waren durchgehend positiv. Man hat gemerkt wie sich die Besuche der MNA in den Gemeinden, auch mit Hilfe der lokalen Zeitung, herumgesprochen haben.
Wie war das Fazit der einzelnen Beteiligten zu diesem Projekt?
Die Bevölkerung hat unser Projekt sehr gut angenommen. Es kamen mehr Leute als erwartet. Da es ja um die Sensibilisierung der lokalen Bevölkerung ging, war es auch wichtig, dass die lokalen Medien darüber berichten. Das war auch zwei Mal der Fall. Die AOZ (Asyl-Organisation Zürich – die Betreiber-Organisation des Lilienberg) war auch sehr zufrieden und hat sich bei terre des hommes schweiz bedankt. Dasselbe gilt auch für das Zentrum Lilienberg. Die Jugendlichen empfanden die Woche als Abwechslung.
Was könnte man für ein nächstes Mal verbessern?
Die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen von imagine müsste das nächste Mal früher beginnen. Ausserdem sollten wir in Zukunft mehr darauf achten, dass möglichst immer die gleichen Jugendlichen von imagine dabei sind und diese besser vorbereitet werden.
Das vergangene Projekt war ein Sensibilisierungsprojekt, das dem Bedarf der Institution entsprungen ist. Ein Folgeprojekt sollte idealerweise auf die persönlichen Bedürfnissen der Jugendlichen eingehen.
Wird es eine Fortsetzung geben und wie wird diese Aussehen?
Nach der Evaluation mit allen Beteiligten ist klar geworden, dass wir dieses Projekt fortsetzen wollen. Dieses Jahr soll das Augenmerk jedoch vermehrt auf jugendliche Besucherinnen und Besucher gerichtet werden. Ein Jugendevent organisiert von Jugendlichen des MNA-Zentrums und von imagine wäre denkbar. Das ist aber erst eine Idee unter vielen.

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