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Zuger Firma EuroChem importiert wieder Phosphat aus der Westsahara nach Europa

Medienmitteilung – Der Düngemittelproduzent EuroChem mit Hauptsitz im schweizerischen Zug hat im Oktober eine Schiffsladung Phosphat-Gestein aus der Westsahara in Estland in Empfang genommen. Der Phosphat-Abbau in der besetzten Westsahara verstösst gegen internationales Recht. Der Import des Phosphat-Gesteins aus der ehemaligen spanischen Kolonie ist deshalb unethisch und die Firma handelt unglaubwürdig.

2016 kündigte EuroChem an, «in absehbarer Zukunft» kein Phosphat-Gestein mehr aus der Westsahara zu kaufen. terre des hommes schweiz und die Organisation Western Sahara Resource Watch fordern vom Konzern mit Hauptsitz in Zug den sofortigen Stopp von Phosphat-Importen aus der Westsahara nach Europa.

Rechtskonform wäre, wenn die Sahrauis selbst über den Abbau von natürlichen Ressourcen in der Westsahara bestimmen könnten. Die Westsahara, Land der Sahrauis, wird seit 1975 zu grossen Teilen von Marokko besetzt.

Ankunft des Phosphats bestätigt

Am 16. Oktober lief der Frachter «Nazenin» in den Hafen von Sillamäe ein, estnische Küstenstadt an der Ostsee. An Bord war Phosphat-Gestein aus der Westsahara. EuroChem besitzt in Sillamäe einen Terminal mit Düngemittelfabrik und Logistikservice nach Russland und Europa.

Das estnische Newsportal «Delfi» berichtete am 1. November über den Vorfall. Ein lokaler Mitarbeiter von EuroChem bestätigte gegenüber dem Journalisten Martin Laine, Autor des Artikels, die Ankunft des Phosphats bei EuroChem in Sillamäe; seine weiteren Fragen dazu seien unbeantwortet geblieben, sagt der Journalist gegenüber Western Sahara Resource Watch.

Leere Versprechen

Es ist nicht neu, dass EuroChem das Konflikt-Mineral nach Europa importiert. Bis vor fünf Jahren schiffte das global tätige Unternehmen Phosphat-Gestein aus der Westsahara nach Litauen für die zu EuroChem gehörende Firma Lifosa. Auf Druck von Nichtregierungs-Organisationen kündigte EuroChem 2016 an, künftig auf den Handel mit dem Rohstoff aus der Westsahara zu verzichten.

Am 12. Februar 2016 schrieb EuroChem an Western Sahara Resource Watch: «[…] the Group does not intend to purchase phosphate rock from Western Sahara in 2016 or any time over the foreseeable future». Dennoch importierte das Unternehmen im selben Jahr erneut Phosphat aus der Westsahara nach Europa. Seither hat EuroChem wiederholt ‒ zuletzt 2020 ‒ beteuert, keine solchen Importe mehr zu planen.

«Glaubwürdigkeit verloren»

«EuroChem verliert mit diesem erneuten Import von Konflikt-Phosphat nach Europa das letzte Stück Glaubwürdigkeit», sagt Sylvia Valentin von terre des hommes schweiz, Westsahara-Expertin und Ansprechperson von Western Sahara Resource Watch in der Schweiz. «Die Aussagen von EuroChem bezüglich Unternehmensverantwortung sind offensichtlich nicht verbindlich.»

«Schweizer Unternehmen, die ohne Einverständnis des sahrauischen Volkes in der Westsahara tätig sind, unterstützen den Status Quo der Besetzung. Sie sind mitverantwortlich, dass der zermürbende Konflikt um die letzte Kolonie in Afrika ungelöst bleibt», sagt Sylvia Valentin von terre des hommes schweiz. Marokko besetzt seit 1975 den überwiegenden Teil der Westsahara, angestammtes Gebiet der Sahrauis.

UNO-Rechtsgutachten

Eine der internationalen Grundlagen ist ein UNO-Rechtsgutachten von 2002. Laut diesem verstösst der Abbau von natürlichen Ressourcen in der Westsahara gegen internationales Recht, sofern dies gegen den Willen und die Interessen des sahrauischen Volkes geschieht.

Die Sahrauis haben sich via ihre international anerkannte Vertretung Frente Polisario immer wieder gegen den Phosphat-Abbau in der Westsahara ausgesprochen. Das Recht, über die eigenen Ressourcen verfügen zu dürfen, ist eng verbunden mit dem Recht auf Selbstbestimmung, das den Sahrauis seit Jahrzehnten verwehrt wird.

Was EuroChem dazu sagt

Der jüngste Transport des Konflikt-Phosphats durch EuroChem in ein europäisches Land ist brisant. Erst Ende September hat der Europäische Gerichtshof das Freihandels- und das Fischereiabkommen zwischen der EU und Marokko für ungültig erklärt, da es ohne rechtliche Grundlage die Westsahara mit einschliesse. «Das Risiko von Entschädigungsklagen an Firmen, die in der Westsahara tätig sind, ist damit gestiegen», sagt Sylvia Valentin von terre des hommes schweiz.

EuroChem gehört dem Milliardär und Unternehmer Andrei Melnitschenko. Die Firma wollte sich auch terre des hommes schweiz gegenüber nicht zum konkreten Sachverhalt äussern, legt jedoch Wert darauf, ihre Sicht festzuhalten: «We view compliance as a guiding principle of our business, and act in accordance with the relevant national and international laws throughout our operations.»

terre des hommes schweiz und die Westsahara

terre des hommes schweiz stärkt Jugendliche in Afrika, Lateinamerika und der Schweiz. Die Schweizer Entwicklungsorganisation setzt sich für die politische und wirtschaftliche Selbstbestimmung der Sahrauis ein und ist die Kontaktstelle von Western Sahara Resource Watch in der Schweiz.

terre des hommes schweiz unterstützt die Projekt- und Informationsarbeit eines Zentrums für Jugendliche und ihre Familien in Smara. Das sahrauische Flüchtlingslager Smara befindet sich in der westalgerischen Wüste.

Auf dem Foto oben: Der Frachter «Nazenin» im estnischen Hafen von Sillamäe am 18. Oktober 2021. Foto Western Sahara Resource Watch

Links:

Westsahara-Kampagne terre des hommes schweiz:

https://www.terredeshommesschweiz.ch/westsahara

News Western Sahara Resource Watch:

https://wsrw.org/en/news/first-eu-imports-of-conflict-minerals-in-5-years

Artikel Newsportal «Delfi», Estland:

https://epl.delfi.ee/artikkel/95010345/verine-fosforiit-eesti-sadamas-polisrahvas-ahvardab-varastatud-rikkuste-tottu-miljardinouetega

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