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Abgewiesene Asylsuchende: «Unsinnige Abhängigkeit von staatlicher Nothilfe»

Medienmitteilung ‒ Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, leben oft unter prekären Bedingungen. Das Schweizer Nothilfesystem funktioniert nicht, kritisiert terre des hommes schweiz. Die Entwicklungsorganisation hat eine Studie in Auftrag gegeben, die insbesondere die Situation in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft untersucht. An einem prominent besetzten Podiumsanlass mit Video-Livestreaming wird sie präsentiert.

Menschen mit einem negativen Asylentscheid und einem rechtsgültigen Wegweisungsentscheid müssen die Schweiz verlassen. Viele tun es nicht und manche können es nicht, wenn zum Beispiel ihr Herkunftsstaat ihnen nicht die nötigen Dokumente für eine Rückkehr ausstellt. 2019 erhielten 6784 Personen mit einem negativen Asylentscheid in der Schweiz Nothilfe. 2272 Personen gehörten im vierten Quartal 2019 zu den sogenannten Langzeitbeziehenden (LAB).

«Das Schweizer Nothilferegime funktioniert nicht», kritisiert Sylvia Valentin, Verantwortliche für Migrationsfragen bei terre des hommes schweiz. Nicht nur verharrten immer mehr Menschen immer länger in diesem System «unter zum Teil prekären Bedingungen», erklärt sie. Die Regelung verunmögliche auch die Integration, sagt sie: «Asylsuchende, die Nothilfe beziehen, werden über Jahre hinweg ‘parkiert’. Das gefährdet ihre psychische Gesundheit.»

Seit 2008 erhalten abgewiesene Asylsuchende mit Wegweisungsentscheid nur noch Nothilfe und keine Asylsozialhilfe mehr (Sozialhilfestopp). Gemäss Nothilfe, verankert in Art. 12 der Schweizerischen Bundesverfassung, hat jede Person in der Schweiz Anspruch auf Existenzsicherung, wenn sie in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen. Als existenzsichernd gelten Nahrung, Kleidung, Hygieneartikel, medizinische Grundversorgung oder Obdach. «Es braucht Lösungen, die diesen Menschen ein würdiges Dasein ermöglichen», so Sylvia Valentin von terre des hommes schweiz. Es gebe Migrantinnen und Migranten mit Wegweisungsentscheid, die auf lange Sicht in der Schweiz bleiben, sagt sie. Ob mit oder ohne geregelten Aufenthaltsstatus, das neue Asylverfahren für eine kürzere Verfahrensdauer hin oder her.

Zu möglichen Lösungen, die über das Einzelschicksal hinaus aus sozialpolitischer und volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll und auch machbar sind, diskutieren am 11. November 2020 in Basel fünf Expertinnen und Experten aus Politik, Behörden und Zivilgesellschaft. An der Veranstaltung von terre des hommes schweiz in der Markthalle und mit Live-Videoübertragung wird eine explorative Untersuchung vorgestellt zur Situation von abgewiesenen Asylsuchenden in Basel-Stadt (BS) und Baselland (BL), die Nothilfe beziehen.

terre des hommes schweiz fordert: Das System der Nothilfe muss der Realität der sie beziehenden Menschen gerecht werden, die Massnahmen zugunsten ihrer minimalen Existenzsicherung müssen verbessert werden und die Grundhaltung gegenüber abgewiesenen Asylsuchenden in der Nothilfe muss ändern. Sylvia Valentin: «Es ist unsinnig, Menschen dazu zu zwingen, in einer prekären Abhängigkeit vom Staat zu bleiben. Asylsuchende in der Nothilfe sollen eine Erwerbsarbeit verrichten können, die Schule besuchen oder eine Lehre machen und in einer menschenwürdigen Unterkunft wohnen.»

Menschen fliehen vor Krieg, Gewalt und Armut. Für terre des hommes schweiz darf ihre Suche nach einem Leben in Wohlergehen, Schutz und Sicherheit weder kriminalisiert noch politisch instrumentalisiert werden. Menschen mit Fluchthintergrund, insbesondere Kinder und Jugendliche, sind besonders verletzlich. terre des hommes schweiz engagiert sich deshalb für die Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen mit Fluchthintergrund, darunter die Standesinitiative «Stopp der Administrativhaft für Kinder!», die eine Mehrheit des Nationalrats unlängst angenommen hat.

Link: https://www.terredeshommesschweiz.ch/podium-asyl-2020/

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